Tierwohl
Initiative Tierwohl
Kann man das nicht ebenso mit schärferen Gesetzen erreichen? Sicherlich. Nur führt das aufgrund steigender Kosten zu immer weniger und damit größeren Betrieben. Im Rahmen der Initiative Tierwohl zahlt der Lebensmitteleinzelhandel über einen Fonds direkt für nachgewiesene Verbesserungen im Tierwohl des einzelnen Betriebes. Das dient dem Tier unmittelbar und es hilft dem Tierhalter, seine Wettbewerbsfähigkeit nicht zu verlieren.
Wir funktioniert die Tierwohlinitiative? Beispiel Schweinehaltung: Die Landwirte erwerben Bonuspunkte, indem sie ausgewählte Tierwohlmaßnahmen auf dem Betrieb umsetzen. So können Haltungsbedingungen der Tiere verbessert werden, es kann zusätzlich Rauhfutter gegeben oder auf das Kastrieren der männlichen Ferkel verzichtet werden. Der Nutztierhalter bekommt für seine Tierwohlleistungen eine betriebsindividuelle Benotung.
Jeder Betrieb entscheidet, wo auf seinem Betrieb der größten Effekt für das Tierwohl liegt. Der Bonus bewegt sich im einstelligen Eurobereich je Tier. Die Vergütung wird über einen Fonds des Lebensmitteleinzelhandels gezahlt, der Erfolg durch geschulte Auditoren kontrolliert. Dabei geht es um messbare Verbesserungen im Tierverhalten.
Schlachtung trächtiger Rinder
Gesetzliches Verbot zur Abgabe trächtiger Tiere zur Schlachtung
Die Thematik der Schlachtung tragender Nutztiere hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Seit dem 01. September 2017 ist es nun gesetzlich verboten, ein Säugetier das sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befindet, zum Zweck der Schlachtung abzugeben. Wird zukünftig bei der amtlichen Fleischuntersuchung das Vorliegen einer fortgeschrittenen Trächtigkeit des Schlachttieres festgestellt, kann dieser Befund die Einleitung eines Bußgeldverfahrens nach sich ziehen.
Es gibt wissenschaftlich begründete Anhaltspunkte, dass Feten zumindest ab dem letzten Drittel der Trächtigkeit bei der Schlachtung des Muttertieres Schmerzen und Leiden empfinden. Auch in ethischer Hinsicht ist eine solche Praxis ohne vernünftigen Grund problematisch. Aufgrund dessen wurden in zahlreichen Bundesländern freiwillige Vereinbarungen von Politik und Wirtschaft getroffen, die sich gegen das Schlachten hochtragender Tiere aussprachen, so auch in Schleswig-Holstein mit dem „Landeskodex zum Verzicht auf das Schlachten hochtragender Rinder“.
Auf Bundesebene ist dieser Problematik mit der Neuregelung des § 4 Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes begegnet worden. Danach ist es verboten, ein Säugetier das sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befindet, zum Zweck der Schlachtung abzugeben. Das Verbot ist zum 1. September 2017 in Kraft getreten und gilt für sämtliche Säugetiere. Vom Verbot ausdrücklich ausgenommen sind nur Schafe und Ziegen. Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
Es gibt allerdings auch Ausnahmen. So ist die Abgabe eines hochträchtigen Tieres zur Schlachtung gestattet, wenn die Tötung nach tierseuchenrechtlichen Bestimmungen vorgeschrieben oder behördlich angeordnet worden ist. Im Einzelfall kann auch der Hoftierarzt eine Ausnahmegenehmigung erteilen, nämlich wenn die Schlachtung nach tierärztlicher Indikation geboten ist und überwiegende Gründe des Tierschutzes nicht entgegenstehen. In diesem Fall hat der Tierarzt dem Tierhalter unverzüglich eine Bescheinigung über die Ausnahmegenehmigung auszuhändigen, aus der sich die Voraussetzungen der Ausnahme einschließlich der von ihm festgestellten Indikation ergeben. Die Bescheinigung ist vom Tierhalter mindestens drei Jahre aufzubewahren.
Die Neuregelung stellt kein Schlachtverbot, sondern vielmehr ein Handelsverbot dar. Das Schlachten von tragenden Tieren bleibt daher grundsätzlich zulässig. Ebenso ist eine Abgabe zu anderen Zwecken als zur Schlachtung, zum Beispiel zum Verkauf des Tieres, weiterhin erlaubt.
Wie die Behörden mit dieser neuen Gesetzesregelung verfahren werden, bleibt vorerst abzuwarten. Gutes Herdenmanagement und regelmäßige Trächtigkeitsuntersuchungen werden im Lichte des Verbots aber sicher von Bedeutung sein.
Landeskodex Schleswig-Holstein zum Verzicht auf das Schlachten hochtragender Rinder
Der Bauernverband Schleswig-Holstein hat wiederholt betont, dass eine Schlachtung von trächtigen Rindern im letzten Drittel der Trächtigkeit nicht akzeptiert werden kann. Am 22.12.2014 hat der Bauernverband Schleswig-Holstein daher gemeinsam mit dem Ministerium und anderen Branchenvertretern den "Landeskodex Schleswig-Holstein zum Verzicht auf das Schlachten hochtragender Rinder" unterzeichnet.
Der Landeskodex ist eine Absichtserklärung aller Unterzeichner, die darin formulierten Grundsätze und deren gesetzliche Umsetzung zu unterstützen. Hintergrund des Landeskodex ist, dass die Tierschutzschlachtverordnung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine spezifischen Betäubungs- und Tötungsvorschriften für trächtige Tiere und deren Feten vorsieht. Feten sind tierschutzrechtlich nicht von den bestehenden Rechtsvorschriften erfasst. Daher ist das Schlachten und Töten von tragenden Rindern grundsätzlich rechtlich zulässig.
Ein Grund für diese Gesetzeslage ist sicherlich auch, dass bisher ungeklärt ist, inwieweit die Schlachtung tragender Tiere tierschutzrelevanten Stress bzw. erhebliche Belastungen und Leiden für das Muttertier und den Fetus auslöst und wie schnell der Tod des Ungeborenen nach der Euthanasie des tragenden Tieres eintritt. Auch ist strittig, ob Feten überhaupt Schmerzen empfinden können. Weiter liegen bislang keine belastbaren Zahlen zur Häufigkeit einer Tötung von tragenden Rindern vor. So kann das Problem in seiner Dimension schlecht eingeschätzt werden. Die derzeit verfügbaren Informationen erlauben somit keine validen Rückschlüsse.
Diese Problematik wurde beim Runden Tisch "Tierschutz in der Nutztierhaltung" in Schleswig-Holstein diskutiert. Die übereinstimmende Position der am Runden Tisch beteiligten Parteien ist im Landeskodex gegen die Schlachtung tragender Rinder festgehalten worden.
- Landeskodex Schleswig-Holstein zum Verzicht auf das Schlachten hochtragender Rinder(PDF-Datei herunteladen)243 K
Verbundprojekt "S!GN"
Die Thematik der Schlachtung tragender Nutztiere und des Schicksals der Feten hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die derzeit verfügbaren Informationen erlauben jedoch keine validen Rückschlüsse zur Dimension und zu den Ursachen des Schlachtens trächtiger Tiere in Deutschland.
Die Fakultät für Life Sciences/Department für Ökotrophologie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und das Institut für Lebensmittelhygiene/Professur Fleischhygiene der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig vertiefen diese Thematik gerade in dem Verbundprojekt „S!GN“, welches durch das BMEL gefördert wird. Mehr über dieses Projekt erfahren Sie hier.
Der Bauernverband Schleswig-Holstein hat dieses Thema für sich zunächst mit der Unterzeichnung des "Landeskodex Schleswig-Holstein zum Verzicht auf das Schlachten hochtragender Rinder" beantwortet.
Enthornen
Gesetzliche Vorgaben bei der Verödung der Hornanlage in Schleswig-Holstein
Das deutsche Tierschutzgesetz gestattet grundsätzlich die Verödung der Hornanklage ohne Betäubung bei Rindern im Alter von unter 6 Wochen durchzuführen (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 TierSchG). Der Tierhalter ist jedoch gleichwohl zur möglichst schonenden Durchführung des Eingriffs verpflichtet. Entsprechend setzen die Landwirte in Schleswig-Holstein beim Eingriff am Tier Beruhigungsmittel (sog. Sedativa) und zusätzlich Schmerzmittel ein. Dies ist in Schleswig-Holstein seit 2015 begleitend durch einen Erlass geregelt. Ein Verstoß gegen diese Vorgabe kann entsprechend sanktioniert werden (CC-Relevanz).
Im Rahmen der allgemeinen Tierschutzdebatte über Eingriffe am Tier wird in der Öffentlichkeit auch über Notwendigkeit und gegenwärtige Ausführung des Enthornens von Rindern intensiv debattiert.
Tierschutz
Im Rahmen der allgemeinen Tierschutzdebatte über Eingriffe am Tier wird in der Öffentlichkeit auch über Notwendigkeit und gegenwärtige Ausführung des Enthornens von Rindern intensiv debattiert. Vor diesem Hintergrund und auf Basis der Tatsache, dass die Verödung der Hornanklage ohne Betäubung erlaubt ist (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 TierSchG), hat sich bereits 2014 der Deutsche Bauernverband erklärt und für seine Mitglieder folgende Standpunkte formuliert:
1. Gewährleistung des Arbeits- und des Tierschutzes ist in der Rinderhaltung auch weiterhin dringend erforderlich
Durch den Umgang mit behornten Rindern besteht eine erhebliche Verletzungsgefahr für den Tierhalter. Nach Erhebungen der Europäischen Union dürften zurzeit noch rund 20 % der Milchkühe in der EU behornt sein. In den Jahren 1994 bis 2013 wurden 5,4% der Unfälle am Rind durch Drücken und Stoßen mit dem Horn in Deutschland verursacht. Im gleichen Zeitraum starb jedes Jahr durchschnittlich ein Tierhalter durch Hornstoß. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften empfehlen daher ausdrücklich das Enthornen als gebotene Maßnahme des Arbeitsschutzes.
Aber auch aus Gründen des Tierschutzes ist das Enthornen wichtig und gesetzlich verankert (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 TierSchG). Unabhängig von der Haltungsform sind nicht selten erhebliche Verletzungen bei Rindern zu verzeichnen, die in einer behornten Herde stehen. Häufige Verletzungsformen sind Blutödeme im Bauch- und Flankenbereich sowie Rippenbrüche, die insbesondere als Folge von Rangordnungskämpfen auftreten können. Der Schutz und das Wohlbefinden der Rinder rechtfertigt ebenfalls das Enthornen der Kälber.
2. Oberstes Ziel: Zucht auf Hornlosigkeit
Oberstes, aber langfristiges Ziel bleibt die Zucht auf Hornlosigkeit. Die vollständige Abkehr von dem Enthornen setzt die konsequente Umsetzung eines Zuchtziels Hornlosigkeit voraus. Da bisher nur eine geringe Zahl entsprechender Zuchtbullen zur Verfügung steht, muss mit großem Nachdruck eine Erhöhung der genetischen Vielfalt hornloser Zuchtlinien erreicht werden. Auch unter Anwendung modernster Züchtungsmethoden wird dies noch einen Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren in Anspruch nehmen. Das Präsidium fordert deshalb nachdrücklich einen Forschungsschwerpunkt zur Beschleunigung des züchterischen Fortschritts für hornlose Rinderpopulationen.
3. Übergangsweise muss das Enthornen des jungen Kalbes möglich bleiben
Das frühzeitige Veröden der Hornanlagen von Kälbern ist heute ein bewährter Arbeitsschritt in der Praxis aus Gründen des Arbeits- und Tierschutzes. Der Deutsche Bauernverband spricht sich für das schmerzreduzierte Veröden der Hornanlagen durch den Landwirt aus. Das kann auch eine angezeigte Ruhigstellung des Tieres (Sedierung) bedeuten und die Anwendung von Schmerzmitteln zur Schmerzbehandlung durch den Tierhalter.
- DBV-Positionspapier zur Enthornung(PDF-Datei herunterladen)10.1 K
Weitere Informationen
Der Tiergesundheitsdienstes Bayern e.V. hat einen Film eingestellt, der das fachgerechte Veröden der Hornanlage zeigt. Diesen können Sie sich hier anschauen.
Der Tierschutzdienst Bayern e.V. hat einen Flyer im Internet bereit gestellt, der das fachgerechte Veröden der Hornanlage beschreibt. Diesen können Sie sich hier anschauen und herunterladen.
Ferkelkastration
Beim Verzicht auf die betäubungslose Ferkelkastration bieten sich folgende Wege an:
- Kastration mit Schmerzausschaltung/Betäubung
- Jungebermast
- Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration).
Jedes Verfahren hat seine Berechtigung, auch wenn sich bisher keines breit in der Praxis etabliert hat.
Derzeit sind die gesetzlichen Vorgaben in Deutschland weitreichender als in anderen EU-Mitgliedstaaten. Bleibt dies so, kann es zu erheblichen Strukturveränderungen in der deutschen Landwirtschaft führen. Tierschutz darf nicht an Staatsgrenzen aufhören. Die Politik muss eine europaweit abgestimmte Vorgehensweise vorantreiben.
Der Runde Tisch Tierschutz auf Ebene Schleswig-Holsteins hat zum Thema folgendes erklärt:
Mit der Ebermast, der Immunokastration und der chirurgischen Kastration unter Einsatz von Betäubungs- und Schmerzmitteln stehen drei geeignete Verfahren als Alternativen zur bisherigen Ausnahmeregelung für das Kastrieren ohne Betäubung zur Verfügung. Es obliegt dem Tierhalter, welches der Verfahren er anwendet.
Eine Kastration unter lokaler Betäubung oder unter Inhalationsnarkose mit CO2, Isofluran u.ä. wird von der Arbeitsgruppe Schweinehaltung (im Runden Tisch Tierschutz) abgelehnt. Zur Gleichwertigkeit der Methoden besteht weiterer Diskussionsbedarf.
In der Diskussion wurde festgestellt, dass z.B. auch die Betriebsgröße für die Entscheidung der Frage, welches Verfahren geeignet ist, Relevanz hat.
Schnäbelkürzen
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. und der Verband Deutscher Putenerzeuger haben mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2015 eine „Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen“ geschlossen. Darin geht die Geflügelwirtschaft die Selbstverpflichtung ein, ab dem 1. Januar 2017 „in Legehennenhaltungen in Deutschland auf die Einstallung von schnabelgekürzten Junghennen regelmäßig zu verzichten“. Dies bedeutet, dass seit dem 1. August 2016 bei den Küken, die für die Legehennenhaltungen in Deutschland vorgesehen sind, in den Brütereien keine Schnäbel mehr gekürzt werden. Diese Selbstverpflichtung der Geflügelwirtschaft gilt auch in Schleswig-Holstein.
Die Landwirtschaftskammer Niedersachen hat aufgrund dieser Veränderung im April 2016 den Managementleitfaden „Minimierung von Federpicken und Kannibalismus bei Legehennen mit intaktem Schnabel – Neue Wege für die Praxis: Managementleitfaden“ herausgegeben.
Kükentöten
Diese Praxis wird immer wieder und schon seit langem weltweit in Frage gestellt. Ein konkreter Ausstiegstermin ist in Deutschland jedoch bislang nicht absehbar. Das BMEL fördert im Rahmen seiner Initiative "Eine Frage der Haltung - Neue Wege für mehr Tierwohl" die Weiterentwicklung der sogenannten "In Ovo-Geschlechtsbestimmung". Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung neuer Methoden und Verfahren, die geeignet sind, bei befruchteten Hühnereiern das Geschlecht bereits frühzeitig im Ei zu erkennen. Eier, aus denen sich männliche Küken entwickeln, sollen mit dieser Methode vor dem Ausbrüten erkannt und aussortiert werden. Mehr Informationen zu der Methode finden Sie auf der Internetseite des BMEL.