Umschichtung gegen Tierwohllabel
Die Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule soll im kommenden Jahr von derzeit 4,5 % auf 6 % steigen. Das sieht der Entwurf eines Direktzahlungendurchführungsgesetzes vor, der Mittwoch vom Kabinett ebenso beschlossen wurde wie der Entwurf für ein Tierwohlkennzeichengesetz sowie ein Aktionsprogramm Insektenschutz.
Die Anhebung des Umschichtungssatzes auf 6 % für das Jahr 2020 ist Teil des Kompromisses, auf den sich die Ressorts nach langen Diskussionen verständigt haben. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat dafür die Zustimmung der SPD-Ministerien für sein freiwilliges staatliches Tierwohlkennzeichen erhalten. Dagegen hatte es bislang sowohl beim Koalitionspartner als auch in den Reihen der Union Widerstand gegeben.
Nach dem vorliegenden Gesetzentwuf soll ein einheitliches Tierwohllabel zur Kennzeichnung von Lebensmitteln tierischer Herkunft eingeführt werden. Die Verwendung des Zeichens soll freiwillig sein, jedoch an die Erfüllung von bestimmten Kriterien von der Haltung über den Transport bis zur Schlachtung gebunden sein, die über die gesetzlichen Mindeststandards hinausgehen. Festgelegt werden sollen die Kriterien in einer Rechtsverordnung. Die Bundesregierung sichert in dem Entwurf zu, sie werde die Initiative für ein EU-weites, verpflichtendes Kennzeichen ergreifen und sich für die Einführung eines solchen Zeichens einsetzen. Zudem soll weiter geprüft werden, ob und wie ein nationales, verbindliches Kennzeichen geregelt werden könnte.
Mit dem geplanten Aktionsprogramm Insektenschutz, das unter Federführung des Bundesumweltministeriums erarbeitet worden ist, sollen Ziele und Maßnahmen zum Insektenschutz verbindlich verankert werden. Insgesamt will die Bundesregierung 100 Mio. € im Jahr für die Förderung des Insektenschutzes und den Ausbau der Insektenforschung zur Verfügung stellen. Zur Finanzierung von Förderprogrammen im Agrarbereich ist vorgesehen, im Bundeshaushalt 2020 einen Sonderrahmenplan in der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) einzurichten. Dieser soll mit 50 Mio. € ausgestattet werden.
Mit scharfer Kritik hat der Deutsche Bauernverband (DBV) auf das Gesetzes- und Maßnahmenpaket der Bundesregierung zum Tier- und Umweltschutz reagiert. Die vorgesehenen Regelungen seien für die Landwirte "toxisch", erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied.
Mit Verweis auf das geplante Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten sprach Rukwied von einer agrarpolitischen Fehlentscheidung der Bundesregierung, "wenn über das gültige Fachrecht hinaus zusätzliche Auflagen die Landwirtschaft belasten und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit deutlich schwächen".
Skeptisch beurteilt der Bauernverbandspräsident das geplante staatliche Tierwohllabel, das nach seiner Einschätzung vom Markt nicht angenommen werde. Ablehnend äußerte sich Rukwied zudem zur vorgesehenen höheren Umschichtung von der Ersten in die Zweite Säule. Diese bedeute "zusätzliche schmerzhafte Einschnitte im Einkommen der Bauern".
Wenn dieses Gesetzespaket so umgesetzt werde, werde das zu weiterem Frust und Perspektivlosigkeit unter den Landwirten führen. "Wir haben große Sorge, dass dadurch der Strukturwandel deutlich verschärft wird", warnte der DBV-Präsident.