Dirscherl: Wertegrundlagen besser vermitteln
Eine stärkere Werteorientierung der Landwirtschaft empfiehlt der Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für agrarsoziale Fragen, Dr. Clemens Dirscherl. Landwirte sollten noch stärker zeigen, dass sie sich zu ihrer Tätigkeit berufen fühlen, sagte Dirscherl gegenüber dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe.
Dies der Öffentlichkeit zu vermitteln, sei ebenso notwendig wie der Anspruch der Landwirte, "dass sie nach bestem Wissen und Gewissen auf einer ethischen Wertegrundlage agieren". Dazu bedürfe es nachvollziehbarer Begründungen für betriebliche Entscheidungen, bei der Tierhaltung wie beim Pflanzenschutz. Beispielsweise könne es auch für den Einsatz von Glyphosat "gute, auch wertebasierte Gründe" geben, etwa im Hinblick auf Bodenschutz und Erosionsschutz. "Es gibt eben nicht nur Schwarz-Weiß, sondern viele Stufen dazwischen", betont der Ratsbeauftragte.
Seiner Auffassung nach sollte sich die Kirche nicht anmaßen, produktionstechnische Ratschläge zu geben. Allerdings könne sie zum Nachdenken und zur Selbstreflektion anregen. Auch Landwirte müssten sich fragen, "ob sie immer Maß halten oder an der einen oder anderen Stelle über das Ziel hinausgeschossen sind". Nach Überzeugung von Dirscherl hängt nicht zuletzt davon die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland ab.
Von den Landpfarrern erwartet er, dass sie sich "noch mehr für Landwirtschaft interessieren". Sie sollten sich auf die Seite der Landwirte stellen, "wenn sie diffamiert werden, weil sie Pflanzenschutzmittel ausbringen oder wenn sie mit großen Maschinen auf den Feldwegen unterwegs sind". Kirche könne gerade zur Entkrampfung des Verhältnisses von Landwirtschaft und ihrem gesellschaftlichen Umfeld beitragen. Das setze aber auch die Bereitschaft der Landwirte zum kirchlichen Dialog voraus. Verbessert hat sich nach Dirscherls Eindruck insgesamt das Verhältnis von Kirche und Landwirtschaft.
Mehr als in der Vergangenheit seien ethische Sichtweisen in der Landwirtschaft gefragt. Dabei habe auch die Kirche dazugelernt. So sei stärker ins kirchliche Bewusstsein gerückt, "dass Schöpfungsbewahrung ohne leibhaftige Bauern nicht funktionieren kann". Sie seien zudem eine der wichtigen Stützen der Kirchen im ländlichen Raum. Diesem Aspekt werde inzwischen mehr als vor einigen Jahren Rechnung getragen.