"Bei Enthaltung entscheiden andere"
Herr Schwarz, 2017 ist aus schleswig-holsteinischer Sicht ein Superwahljahr mit der Landtagswahl am 7. Mai und der Bundestagswahl am 24. September. Was steht für die Landwirtschaft auf dem Spiel?
Werner Schwarz: Die Zukunft der Landwirtschaft ist zu einem Wahlkampfthema geworden. Im schleswig-holsteinischen Wahl-O-Mat finden sich allein drei Fragen zur Landwirtschaft. Leider wird die Diskussion von einigen Parteien ideologisch und mit Schlagworten wie "Massentierhaltung" und "industrielle Landwirtschaft" geführt. Wir brauchen da mehr Sachlichkeit. Aber gewisse Änderungen und Verbesserungen sind möglich und notwendig. Das haben wir ja zuletzt mit unserem Papier zu Veränderungen in der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft deutlich gemacht.
Sprechen Sie eine Wahlempfehlung aus?
Das ist nicht die Aufgabe unseres Verbandes. Der Bauernverband ist überparteilich. Allerdings ist es unsere Aufgabe, die Vorschläge und die Arbeit der Parteien zu bewerten, und das machen wir laufend.
Wie beurteilen Sie die Arbeit von Umwelt- und Landwirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Grüne)?
In seiner Amtszeit war es immer möglich, mit ihm eine vernünftige Gesprächsebene zu finden. Wohltuend ist auch, dass Herr Habeck auf die Schlagwortdiskussion verzichtet und immer versucht hat, Landwirtschaft und die Landwirte in ihrem Handeln zu verstehen. Auf der anderen Seite hat er im Gleichklang mit seinen grünen Amtskollegen seine politische Agenda durchgezogen und auf Ordnungsrecht beim Knick, beim Filtererlass und beim Landesnaturschutzrecht gesetzt. Der tiefgreifendste Meinungsunterschied besteht bei der Frage nach staatlichen Eingriffen in die Märkte, die Robert Habeck befürwortet. Wir hatten das in Europa lange genug und wollen es nicht zurück.
Die Opposition, allen voran die CDU als stärkste Fraktion im Landtag, will den Regierungswechsel. Geht es nach der CDU, soll Prof. Friedhelm Taube Robert Habeck im Amt des Landwirtschaftsministers ablösen. Wie bewerten Sie diesen Vorschlag?
Professor Taube ist vom Fach und ein national und international hoch angesehener Wissenschaftler. Wir hatten uns schon fast daran gewöhnt, dass wir neue Landwirtschaftsminister zunächst "anlernen" müssen, weil dieses Ressort wiederholt fachfremd besetzt worden ist. Wir begrüßen deshalb die Benennung eines in Landwirtschaft und Umweltfragen so ausgewiesenen Fachmannes ausdrücklich. In der Sache waren wir bisher mit Professor Taube in vielem, wenn auch nicht in allem einer Meinung.
Die Ankündigung, die Effizienz in der Landwirtschaft gesetzlich regeln zu wollen, sehen wir zum Beispiel skeptisch. Der Gedanke der "nachhaltigen Intensivierung", der dahintersteht, ist aber richtig. Wir können nicht allein auf das ökonomische Optimum schauen, sondern müssen alle Aspekte der Nachhaltigkeit einbeziehen. Ich glaube, dass man Professor Taube die notwendige Begrenzung von Änderungen auf das verträgliche und mögliche Maß verständlich machen kann, ohne sich mit Erklärungen über die fachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge aufhalten zu müssen, wie das heute häufig der Fall ist.
Warum sind aus Ihrer Sicht die Wahlen in diesem Jahr aus landwirtschaftlicher Sicht so wichtig?
National geht es um die Grundsatzentscheidung, ob man die freiwilligen Ansätze zur Veränderung wie die Initiative Tierwohl stärkt oder ob noch mehr Ordnungsrecht kommt. Das würde unsere Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gefährden. Auf europäischer Ebene wird bereits die nächste Reform diskutiert. Uns geht es darum, die Direktzahlungen der Ersten Säule zu verteidigen. Zum Glück gibt es eigentlich nur in Deutschland eine Diskussion, diese Zahlungen vollständig abzuschaffen oder umzuverteilen. Die Krise hat gezeigt, dass wir diese Zahlungen als Risiko- und Einkommensabsicherung der bäuerlichen Betriebe dringend brauchen.
Angesichts dieser wichtigen Themen ist eine hohe Wahlbeteiligung aus dem ländlichen Raum wichtig. Wahlenthaltung oder Protestwahl sorgt nur dafür, dass andere entscheiden. Ich rufe deshalb alle bäuerlichen Familien auf, am 7. Mai und am 24. September von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und wählen zu gehen.